Es gibt zahlreiche Börsenweisheiten, die «Sell in May»-Strategie ist dabei wohl eine der bekanntesten. Sie beruht auf dem englischen Sprichwort: «Sell in May and go away but remember to come back in September». Das bedeutet, im Mai sollten Aktien verkauft und spätestens im September wieder zurückgekauft werden.

Die Privatbank Baumann & Cie hat die Wertentwicklung des Swiss Performance Index (SPI) seit 1987 genauer unter die Lupe genommen. Die Studienautoren kommen zum Schluss, dass die Renditen der Sommermonate gemäss nachfolgender Grafik tendenziell geringer ausfallen als die der Wintermonate.

Die Entwicklung des Swiss Performance Index (SPI) pro Monat.

Die Entwicklung des Swiss Performance Index (SPI) pro Monat (Quelle: Baumann & Cie).

Quelle: ZVG

Entgegen der Börsenweisheit haben die Monate Mai, Juni und Juli im langfristigen Durchschnitt aber positiv zur Gesamtperformance beigetragen. Erst die Monate August und September zeigen mit -0,9 Prozent und -1,1 Prozent deutlich negativere Renditen. Daher wäre es ratsam, nur in den negativen Monaten nicht investiert zu sein, um die langfristige Gesamtperformance positiv zu beeinflussen, so die Studienautoren. 

Die Frage, ob dieses Muster rein zufällig entstanden ist oder ob eine regelmässige und wiederkehrende Abweichung über die Jahre festgestellt werden kann, findet mit Ja eine klare Antwort. Die Banquiers stellen ein saisonales Muster im Schweizer Aktienmarkt fest, bei dem es sich in der Vergangenheit gelohnt hat, in den Monaten August und September nicht investiert zu sein und damit die langfristige durchschnittliche Jahresrendite um 2,1 Prozent zu steigern.

Andere Märkte mit noch ausgeprägteren Mustern

Ähnliche Muster zeigen sich auch bei anderen Indizes. Der SPI Extra, ein Index mit Schweizer Small Caps, zeigt besonders im September eine stärkere negative Rendite von -1,4 Prozent. Der Monat August ist mit -0,2 Prozent weniger stark betroffen. Somit konnte in der Vergangenheit insgesamt eine Mehrrendite von rund zwei Prozent beim SPI Extra erwirtschaftet werden, wenn in den Monaten August und September keine Aktien gehalten wurden. Beim Deutschen Aktienindex (DAX) ist das saisonale Muster am ausgeprägtesten. So konnte durch das Auslassen der Monate August und September eine Mehrrendite von 3,5 Prozent erwirtschaftet werden.

Obwohl die Daten bei den meisten Aktienmärkten einen saisonalen Effekt aufzeigen, ist nach wie vor höchst umstritten, wie es zu diesen Mustern kommt und welche Erklärungen dahinterstecken. Wären die Märkte effizient, müsste allein die Bekanntheit der Renditemuster zu ihrem Verschwinden führen, erläutern die Experten von Baumann. 

Die Erklärung, dass es gerade in den Sommermonaten aufgrund der ferienbedingten Abwesenheit vieler Marktakteure zu häufigen Rückschlägen kommt, erscheint kaum plausibel, da dies statistisch nicht nachweisbar ist. Auch das Argument, der Zeitpunkt der Quartalszahlen spiele eine Rolle, erscheint wenig überzeugend, da die Kursmuster in zahlreichen Ländern zu beobachten sind, in denen gar keine vierteljährlichen Ergebnisse veröffentlicht werden.

Ein saisonales Muster ist keine Strategie

Stellt sich noch die Frage, ob diese Erkenntnis den Anlegerinnen und Anlegern zu einer höheren Rendite verhelfen kann. Die Studienautoren verneinen dies. Ein möglicher Ansatz hat zwar im langjährigen Durchschnitt funktioniert, während der einzelnen Perioden kam es aber zu deutlichen Abweichungen. Entsprechend müsste eine solche Strategie über mehrere Jahrzehnte angewendet werden, was wiederum illusorisch ist. 

Ein weiterer Faktor sind die anfallenden Handelskosten. Zudem kann ein statistischer Effekt zwar nachgewiesen werden, aber es gibt keine schlüssige Erklärung dazu. «Eine Strategie aufzubauen, die wir nicht erklären können, empfinden wir als sehr riskant.» Ferner besteht auch das Risiko, eine Veränderung der saisonalen Effekte zu spät zu bemerken. Damit steigt die Gefahr, auf eine statistische Beobachtung zu setzen, die nicht nachhaltig ist.

Deshalb bleibt den Investierenden auch dieses Jahr wohl nicht erspart, die raueren Börsenmonate auszusitzen. Die Banquiers empfehlen, die Aktienallokation auf Anlagethemen mit strukturellen Wachstumstrends auszurichten.

Thomas Daniel Marti
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